class="v">Da sprach der reiche König: "Jetzt hab ich wohl erkannt,
Ihr seid hieran unschuldig und sollt des ledig gehn:
Des euch Kriemhild zeihte, das ist nicht von euch
geschehn."
887 Da sprach wieder Siegfried: "Und kommt es ihr zu Gut,
Daß deinem schönen Weibe sie so betrübt den Muth,
Das wäre mir wahrlich aus der Maßen leid."
Da blickten zu einander die Ritter kühn und allbereit.
888 "Man soll so Frauen ziehen," sprach Siegfried der Degen,
"Daß sie üppge Reden laßen unterwegen;
Verbiet es deinem Weibe, ich will es meinem thun.
Solchen Uebermuthes in Wahrheit schäm ich mich nun."
889 Viel schöne Frauen wurden durch Reden schon entzweit.
Da erzeigte Brunhild solche Traurigkeit,
Daß es erbarmen muste Die in Gunthers Lehn.
Von Tronje Hagen sah man zu der Königin gehn.
890 Er fragte, was ihr wäre, da er sie weinend fand.
Sie sagt’ ihm die Märe. Er gelobt’ ihr gleich zur Hand,
Daß es büßen sollte der Kriemhilde Mann,
Oder man treff ihn nimmer unter Fröhlichen an.
891 Ueber die Rede kamen Ortwein und Gernot,
Allda die Helden riethen zu Siegfriedens Tod.
Dazu kam auch Geiselher, der schönen Ute Kind;
Als er die Rede hörte, sprach der Getreue geschwind:
892 "O weh, ihr guten Knechte, warum thut ihr das?
Siegfried verdiente ja niemals solchen Haß,
Daß er darum verlieren Leben sollt und Leib:
Auch sind es viel Dinge, um die wohl zürnet ein Weib."
893 "Sollen wir Gäuche ziehen?" sprach Hagen entgegen:
"Das brächte wenig Ehre solchen guten Degen.
Daß er sich rühmen durfte der lieben Frauen mein,
Ich will des Todes sterben oder es muß gerochen sein."
894 Da sprach der König selber: "Er hat uns nichts gethan
Als Liebes und Gutes: leb er denn fortan.
Was sollt ich dem Recken hegen solchen Haß?
Er bewies uns immer Treue, gar williglich that er das."
895 Da begann der Degen von Metz Herr Ortewein:
"Wohl kann ihm nicht mehr helfen die große Stärke sein.
Will es mein Herr erlauben, ich thu ihm alles Leid."
Da waren ihm die Helden ohne Grund zu schaden bereit.
896 Dem folgte doch Niemand, außer daß Hagen
Alle Tage pflegte zu Gunthern zu sagen:
Wenn Siegfried nicht mehr lebte, ihm würden unterthan
Manches Königs Lande. Da hub der Held zu trauern an.
897 Man ließ es bewenden und gieng dem Kampfspiel nach.
Hei! was man starker Schäfte vor dem Münster brach
Vor Siegfriedens Weibe bis hinan zum Saal!
Mit Unmuth sah es Mancher, dem König Gunther befahl.
898 Der König sprach: "Laßt fahren den mordlichen Zorn.
Er ist uns zu Ehren und zum Heil geborn;
Auch ist so grimmer Stärke der wunderkühne Mann,
Wenn ers inne würde, so dürfte Niemand ihm nahn."
899 "Nicht doch," sprach da Hagen, "da dürft ihr ruhig sein:
Wir leiten in der Stille alles sorglich ein.
Brunhildens Weinen soll ihm werden leid.
Immer sei ihm Hagen zu Haß und Schaden bereit."
900 Da sprach der König Gunther: "Wie möcht
es geschehn?"
Zur Antwort gab ihm Hagen: "Das sollt ihr bald
verstehn:
Wir laßen Boten reiten her in dieses Land,
Uns offnen Krieg zu künden, die hier Niemand
sind bekannt.
901 "Dann sagt ihr vor den Gästen, ihr wollt mit euerm Lehn
Euch zur Heerfahrt rüsten. Sieht er das geschehn,
So verspricht er euch zu helfen; dann gehts ihm
an den Leib,
Erfahr ich nur die Märe von des kühnen Recken Weib."
902 Der König folgte leider seines Dienstmanns Rath.
So huben an zu sinnen auf Untreu und Verrath,
Eh es wer erkannte, die Ritter auserkoren:
Durch zweier Frauen Zanken gieng da mancher
Held verloren.
Abenteuer 15
Wie Siegfried verrathen ward
903 Man sah am vierten Morgen zweiunddreißig Mann
Hin zu Hofe reiten: da ward es kund gethan
Gunther dem reichen, es droh ihm neuer Streit.
Die Lüge schuf den Frauen das allergrößeste Leid.
904 Sie gewannen Urlaub, an den Hof zu gehn.
Da sagten sie, sie ständen in Lüdegers Lehn,
Den einst bezwungen hatte Siegfriedens Hand
Und ihn als Geisel brachte König Gunthern in das Land.
905 Die Boten grüßte Gunther und hieß sie sitzen gehn.
Einer sprach darunter: "Herr König, laßt uns stehn,
Daß wir die Mären sagen, die euch entboten sind.
Wohl habt ihr zu Feinden, das wißt, mancher Mutter Kind.
906 "Euch wiedersagen Lüdegast und König Lüdeger:
Denen schuft ihr weiland grimmige Beschwer;
Nun wollen sie mit Heereskraft reiten in dieß Land."
Gunther begann zu zürnen, als wär es ihm unbekannt.
907 Man ließ die falschen Boten zu den Herbergen gehn.
Wie mochte da Siegfried der Tücke sich versehn,
Er oder anders Jemand, die man so listig spann?
Doch war es ihnen selber zu großem Leide gethan.
908 Der König mit den Freunden gieng raunend ab und zu:
Hagen von Tronje ließ ihm keine Ruh,
Noch wollt es Mancher wenden in des Königs Lehn;
Doch nicht vermocht er Hagen