von seinen Räthen
abzustehn.
909 Eines Tages Siegfried die Degen raunend fand.
Da begann zu fragen der Held der Niederland:
"Wie traurig geht der König und Die ihm unterthan?
Das helf ich immer rächen, hat ihnen wer ein Leid
gethan."
910 Da sprach König Gunther: "Wohl hab ich Herzeleid:
Lüdegast und Lüdeger drohn mir wieder Streit.
Mit Heerfahrten wollen sie reiten in mein Land."
Da sprach der kühne Degen: "Dem soll Siegfriedens
Hand
911 "Nach allen euern Ehren mit Kräften widerstehn;
Von mir geschieht den Degen, was ihnen einst geschehn.
Ihre Burgen leg ich wüste und dazu ihr Land,
Eh ich ablaße: des sei mein Haupt euer Pfand.
912 "Ihr mit euern Mannen nehmt der Heimat wahr;
Laßt mich zu ihnen reiten mit meiner Leute Schar.
Daß ich euch gerne diene, laß ich euch wohl sehn:
Von mir soll euern Feinden, das wißet, übel geschehn."
913 "Nun wohl mir dieser Märe," der König sprach da so,
Als wär er seiner Hülfe alles Ernstes froh.
Tief neigte sich in Falschheit der ungetreue Mann.
Da sprach der edle Siegfried: "Laßt euch keine Sorge
nahn."
914 Sie schickten mit den Knechten zu der Fahrt sich an:
Siegfrieden und den Seinen ward es zum Schein gethan.
Da hieß er sich rüsten Die von Niederland:
Siegfriedens Recken suchten ihr Streitgewand.
915 Da sprach der starke Siegfried: "Mein Vater Siegmund,
Bleibt ihr hier im Lande: wir kehren bald gesund,
Will Gott uns Glück verleihen, wieder an den Rhein.
Ihr sollt bei dem König unterdessen fröhlich sein."
916 Da wollten sie von dannen: die Fähnlein band man an.
Umher standen Viele, die Gunthern unterthan
Und hatten nicht erfahren, wie es damit bewandt.
Groß Heergesinde war es, das da bei Siegfrieden stand.
917 Die Panzer und die Helme man auf die Rosse lud;
Aus dem Lande wollten viel starke Recken gut.
Da gieng von Tronje Hagen hin, wo er Kriemhild fand;
Er bat sie um Urlaub: sie wollten räumen das Land.
918 "Nun wohl mir," sprach Kriemhild, "daß ich den Mann
gewann."
Der meine lieben Freunde so wohl beschützen kann,
Wie hier mein Herr Siegfried an meinen Brüdern thut:
Darum trag ich," sprach die Königin, "immer fröhlichen
Muth.
919 "Lieber Freund Hagen, nun hoff ich, ihr gedenkt,
Daß ich euch gerne diene; ich hab euch nie gekränkt.
Das komme mir zu Gute an meinem lieben Mann:
Laßt es ihn nicht entgelten, was ich Brunhilden gethan.
920 "Des hat mich schon gereuet," sprach das edle Weib,
"Auch hat er so zerbleuet zur Strafe mir den Leib,
Daß ich je beschwerte mit Reden ihr den Muth,
Er hat es wohl gerochen, dieser Degen kühn und gut."
921 Da sprach er: "Ihr versöhnt euch wohl nach wenig Tagen.
Kriemhild, liebe Herrin, nun sollt ihr mir sagen,
Wie ich euch dienen möge an Siegfried euerm Herrn.
Ich gönn es niemand beßer und thu es, Königin, gern."
922 "Ich wär ohn alle Sorge," sprach da das edle Weib,
"Daß man ihm im Kampfe Leben nähm und Leib,
Wenn er nicht folgen wollte seinem Uebermuth;
So wär immer sicher dieser Degen kühn und gut."
923 "Fürchtet ihr, Herrin," Hagen da begann,
"Daß er verwundet werde, so vertraut mir an,
Wie soll ichs beginnen, dem zu widerstehn?
Ihn zu schirmen will ich immer bei ihm reiten und gehn."
924 Sie sprach: "Du bist mir Sippe, so will ich dir es sein:
Ich befehle dir auf Treue den holden Gatten mein.
Daß du mir behütest den geliebten Mann."
Was beßer wär verschwiegen, vertraute da sie ihm an.
925 Sie sprach: "Mein Mann ist tapfer, dazu auch stark genug.
Als er den Linddrachen an dem Berge schlug,
Da badet’ in dem Blute der Degen allbereit,
Daher ihn keine Waffe je versehren mocht im Streit.
926 "Jedoch bin ich in Sorgen, wenn er im Kampfe steht
Und aus der Helden Hände mancher Sperwurf geht,
Daß ich da verliere meinen lieben Mann.
Hei! was ich Sorgen oft um Siegfried gewann!
927 "Mein lieber Freund, ich meld es nun auf Gnade dir,
Daß du deine Treue bewähren mögst an mir,
Wo man mag verwunden meinen lieben Mann.
Das sollst du nun vernehmen: es ist auf Gnade gethan.
928 "Als von des Drachen Wunden floß das heiße Blut,
Und sich darinne badete der kühne Recke gut,
Da fiel ihm auf die Achseln ein Lindenblatt so breit:
Da kann man ihn verwunden; das schafft mir Sorgen
und Leid."
929 Da sprach von Tronje Hagen: "So näht auf sein Gewand
Mir ein kleines Zeichen mit eigener Hand,
Wo ich ihn schirmen müße, mag ich daran verstehn."
Sie wähnt’ ihn so zu fristen; auf seinen Tod wars abgesehn.
930 Sie sprach: "Mit feiner Seide näh ich auf sein Gewand
Insgeheim ein Kreuzchen: da soll, Held, deine Hand
Mir den Mann behüten, wenns ins Gedränge geht,
Und er vor seinen Feinden in den starken Stürmen steht."
931 "Das thu ich," sprach da Hagen, "viel liebe Herrin mein."