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Auch das Schillingsche Waarenlager ward endlich doch geplündert, so lange es auch verschonet blieb. Der Anblick war recht schmerzlich. Auf dem Hofe lag der rohe Caffee Fuß hoch auf der Erden ausgeschüttet. Die Kisten, in denen feine Tischweine gepackt waren, an der schmalen Seite geöffnet, strömte die köstliche Flüssigkeit auf den Hof; weil bey jeder Bouteille, die auf diese unbequeme Weise herausgerissen ward, immer mehrere Bouteillen zerbrochen werden mußten. Die Plünderer hielten sich meistens in dem untern Geschosse auf, so lange noch Wein vorräthig war. Die obern Stockwerke blieben unbewohnet, nur der Commiß Settelmayer, war allein von Schillings nachgeblieben; welcher eine gute Art hatte die Plünderer zu behandeln, und so lange der gute Wein nicht zu Ende ging, auch persönlich nicht mißhandelt ward. Ich fand ihn eines Tages aber dennoch fast ohnmächtig von erlittenen Schlägen, auf einem Kanapee liegend. Er klage mir seine Noth, verlor aber noch immer nicht den Muth, länger im Hause zu bleiben. Grade an diesem Tage – aber auch nur dieses eine mal – hatte ich im Schillingschen Hause zwei Abentheuer nach einander zu bestehen. Als ich an diesem Tage von Settelmayer weggehen wollte, taumelte ein halbbetrunkener Soldat auf mich zu, und wollte mein Hemd, welches ich am Leibe trug, von mir haben. Glücklicherweise geschah dies in einem Zimmer, wo ein halb geöffneter Wäscheschrank stand, in welchem einige weiße Betttücher lagen. Ich öffnete den Schrank, schlug zwey Betttücher noch einmal zusammen, in der Quadratform, wie gewaschene Hemde gelegt zu werden pflegen; und sagte zu dem ungestürmen Foderer „Hier haben Sie ein halbes Dutzend, welche rein gewaschen, und besser sind, wie das schmutzige Hemd welches ich auf dem Leibe habe.[“] Es wäre mir sehr übel gegangen, wenn der Soldat den ihm dargebrachten Bündel, auseinander geschlagen hätte. Er that es aber Gottlob nicht, sondern eilte freundlich dankend davon. Kaum war ich diesen Soldaten los, als ein Anderer, – in demselben Zustande wie der frühere auf mich zukam, mich an der Brust packte, und mich fragte: Wo sein zweyter Handschuh sey, den er hier verloren habe? Dabey zeigte er mir den andern, den er noch in der Hand hatte. Ich bat ihn mir den Handschuh einen Augenblick zu erlauben, damit ich den verlorenen suchen könnte. Nicht ohne Mühe gab er mir den, und als ich sah, daß dieser Handschuh, ohngefähr, von der Farbe der meinigen war, die ich in der Tasche hatte, gab ich ihm nach einigen Augenblicken, meine beyden Handschuh, und ohne zu merken, daß die meinigen etwas mehr grünlich waren, nahm er sie, dankte, und eilte davon. Dieses war das erste, und auch das letzte mal, daß ich unmittelbar am Leibe angepacket worden war, obgleich ich oft, durch ganze Haufen plündernder Soldaten, mitten hindurch ging, wenn ich plötzlich in eine Queerstraße auf sie stieß, und nicht mehr zurück, oder entfliehen konnte, ohne von ihnen eingeholet zu werden.
Nach siebzehn Tagen, ward endlich alle öffentliche Plünderung bey harter Strafe verboten; obwohl des Nachts, an abgelegenen Orten, und wo es nur heimlich geschehen konnte, die Plünderung so lange fortdauerte, wie es noch Franzosen in der Stadt gab. Es ward eine Munizipalität eingerichtet wozu Ausländer gewählet wurden, welche französisch sprechen konnten. Eine dreyfarbige Schärpe um den Arm, machte die Beamten kenntlich, und jedes Quartal hatte seine eigene Aufseher, welche angewiesen waren, jedem beyzustehen der ihre Hülfe bedarf.
Ich danke Gott, daß keine Wahl auf mich fiel; denn absagen durfte niemand. Der Director dieser polizeylichen Anstalt war ein Professor der Moskauer Universität, namens Willers. Ich weiß nicht, ob er ein geborener Franzose oder Sachse war, aber das ist mir bekannt, daß er mit einer Dresdnerin verheyrathet war, welche nachher, bey Gelegenheit einer Anwesenheit des Hochseligen Kaisers Alexander in Dreßden, die Befreyung ihres Mannes, und seine Rückkehr nach Deutschland, von dem Monarchen erflehet, und auch erwirket hatte. Ich habe Herrn Professor Willers nie gesehen und kann nicht wissen, ob er das Amt eines Polizeymeisters gern, oder nothgedrungen annahm; weil er doch einmal durch einen besondern Zufall, gleich im ersten Augenblick mit Napoleon bekannt ward, wie dieser in Moskau einzog. Napoleon war bis zur Moskauer Sastawa gelangt, wo er Halt machte, in der Meynung „Es werde ihm eine Deputation aus der Stadt entgegen kommen, die Schlüssel der Stadt überreichen, und um Schonung bitten etc [“] – wie es in andern Residenzen, und Städten zu seyn pflegte. Als aber von alle dem nichts geschah, und er vergeblich eine kleine Weile gewartet hatte; sandte er einen seiner Adjutanten in die Stadt, um sich nach der Ursache dieses sonderbaren Benehmens zu erkundigen, wobey er sich äusserte; ob denn die Einwohner nicht wüßten, daß von ihm, dem Sieger, das Schicksal der Stadt abhienge? Der Adjutant, ritt eine ziemliche Strecke in die Stadt hinein, fand die Straßen Menschenleer, und nur sehr wenige ganz gemeine u. arme Leute, die seine Fragen nicht beantworten konnten, weil er sie in französischer Sprache that. Endlich erblickte der Adjutant, in der Nähe des Universitätsgebäudes, den Professor Willers, den er anrief, und befragte. Von welchem er auch verstanden ward, und seine Fragen beantwortet erhielt. Willers sagte ihm, daß sowohl die Behörden, wie alle nur einigermaßen wohlhabende Leute Moskau verlassen hatten, und nur die Hefe des Volkes, und sehr wenige Ausländer in der Stadt zurückgeblieben sind. Der Adjutant nahm Willers mit sich, damit er dasselbe Napoleon selbst sagen sollte. Auf dieser Weise ward er mit Napoleon bekannt, und die Wahl zum Polizeymeister war also schon in diesem Umstande begründet, auch wenn Willers nachher nie in den Kreml gegangen wäre.
Napoleon zog nach Anhörung dieser Aussage, mit getäuschter Erwartung ohne Sang und Klang gegen halb drey Uhr, am Montag, den zweiten September, des Nachmittags in Moskau ein, und begab sich gleich nach dem Kreml, wo er bis zum 13ten October, eben so still und geräuschlos lebte, wie er gekommen war. Erst später fing er an sich zu amusieren. Aber womit? Es wurden französische Comödien zu seiner Unterhaltung von Diletanten im Kreml aufgeführt, welche von einigen nachgebliebenen Modehändlerinnen, Aufsehern bey Kindern – die sämtlich nie Schauspieler waren – gespielet; und sollte man es glauben, Napoleon – der doch das schönste und glänzendste gesehen hatte, was die Bühne leisten konnte, fand, oder schien doch an diesen jämmerlichen Vorstellungen Geschmack zu finden, und soll mit der größten Aufmerksamkeit Stundenlang zugehöret haben, als ob er sich wirklich daran ergötzte. Dieses haben mehrere Augenzeugen versichert. Eben so schlecht war sein Tisch so lange bestellt, bis russische Bauern aus der Umgegend anfingen Indianische Hühner, Gänse, Butter etc. nach der Stadt zu bringen – wiewohl nur in sehr geringer Quantität. Schon an der Sastawa ward ihnen ihr Vorrath sehr theuer von Aufkäufern für die kaiserliche Küche, abgenommen und mit enormen Preisen bezahlt. Dieses brachte den Obrist Flahau auf den Gedanken; einen Contorschick Demidows, der in unserem Hause war, mit einigen 100 Franques, auf die nächsten Demidowschen Güter zu schicken, um dafür Victualien zu kaufen. Der Contorschick war auch willig dazu, hatte das Geld schon erhalten, und der Obrist ließ mich nur rufen um den Menschen genau zu bedeuten, was er vorzüglich bringen sollte. Ich erschrack über die Gefahr, welche für mich bey ertheilung dieser Instruction entstehen könnte, wenn es heissen würde: daß ich die Leute auf die Demidowschen Güter geschicket habe, um den Feinden des Vaterlandes, Nahrungsmittel zu bringen. Ich zwang mich zu einem Lächeln, und sagte dem Obristen in deutscher Sprache: Das wäre schön! Wie würde dieser russische Schreiber lachen, wenn er mit ihre 200 Fr. in seinem Dorfe angelanget ist, und mit Recht über Sie spotten, daß Sie ihm das Geld anvertrauet haben, da er ja in seinem Dorfe sicher ist, von Ihnen weder gesuchet, noch für sein Ausbleiben bestrafet zu werden. Der Obrist lachte laut, sagte „Da hätte ich bald einen recht albernen Streich begangen, welchen ich mir nie vergeben könnte, daß ich auf diese Weise mein Geld verloren hätte.[“] Er dankte mir daß ich ihn gewarnet, nahm den Contorschik das Geld wieder ab, und die Sache unterblieb zu meiner großen Zufriedenheit.
Als nun die öffentliche Plünderung aufgehöret hatte, und die obengenannte Polizey eingerichtet war, kamen sehr viele Bauern aus der Umgegend nach der Stadt, aber nicht um Lebensmittel zu bringen, sondern Kupfergeld, in Säcken zu 25 Rubel, u. Salz in Tschetwerten zu kaufen, und sowohl in den abgebrannten Buden, als Häusern nach allem zu suchen, was sie auf ihren Telegen fortbringen konnten. Ein Sack Kupfergeld von 25 Rubel (dessen sehr vieles in den Kellern des Kremls lag) kostete, eben so wie ein Tschetwert Salz – (von dem gleichfalls große Vorräthe vorhanden waren) 4 Rubel oder einen Silberrubel. Eben so konnte man ganze Paquete alte Banknoten für einige Silberrubel kaufen. Täglich mehrten sich die Käufer, in dem Maaße, als Bauern mit ihren Ladungen von Kupfergeld und Salz in ihre Dörfer unversehrt, aus Moskau zurückkamen.
Die Lage der Franzosen war warlich nichts weniger als beneidenswerth. Die Lebensmittel mangelten, weder Tuch, Leder, Leinen etc war zu haben. Kleider und Schuhe waren abgerissen, die Kiwer und das Riemenzeug der Cavalleristen unbrauchbar geworden. Nur unter der stärksten Bedeckung konnte man fouragiren, weil kleine Escorten, in den Dörfern, oder auf den Feldern von den Bauern überfallen, und völlig aufgerieben wurden. Der Obrist Couteill kam einmal von einer solchen Expedition in der Nacht, und ohne Hut zurück. Er versicherte; nur seinem braven englischen Pferde habe er die Rettung seines Lebens zu danken. Es überstieg seine Begriffe, und als wahrer Krieger konnte er nicht Worte finden, die Tapferkeit der russischen Bauern zu loben, welche die ganze französische Mannschaft aufgerieben, die zum Fouragiren ausgezogen, und welche der Obrist aus freyem Antrieb begleitet hatte. Auf allen Feldzügen mit Napoleon, und sogar in Aegypten habe er nie so etwas gesehen. Das zum Fouragiren ausgesandte Commando war nehmlich in ein großes Dorf in der Nähe von Moskau gekommen, welches anscheinend von den Einwohnern verlassen war. Als aber die Franzosen bis zur Mitte des Dorfes vorrückten, strömten von beyden entgegengesetzten Eingängen des Dorfes, plötzlich, als ob sie der Erde entstiegen, eine unzählbare Menge bewaffneter Bauern herbey. Der kommandirende französische Offizier, ließ sogleich seine Leute nach beyden Seiten zugleich Feuer geben, und ununterbrochen mit Lebhaftigkeit unterhalten. Die Bauern ließen sich aber nicht entmuthigen, drangen über ihre gefallene Brüder hin – deren nicht wenige waren, da die Schüsse in ihre gedrängte Haufen fielen, und jeder seinen Mann traf – fielen dann mit Spießen, Stangen, Sensen, und auch kriegerische Waffen, über die von beyden Seiten in die Mitte gerathenen Franzosen her, von denen niemand, außer den Obristen Couteill entkam, welcher, als er den Muth der Bauern sah, seitwärts in einen offenen Hof sprengte, und dort über einen Zaun setzte, (wobey er seinen Hut verlor) und so das freye Feld erreichte, um glücklich nach Moskau zu entkommen. In der Stadt selbst, und besonders in entlegenen Fabriken und Häusern, wurden eine unglaubliche Menge französischer Soldaten von den nachgebliebenen Fabrikarbeitern und Einwohnern erschlagen. Sogar im Demidowschen Hause, welches doch immerwährend von den Feinden zahlreich besetzt war, fand man nachher im Abtritte des hintern Hofes, einen schon in Verwesung übergegangenen französischen Soldaten in voller Uniform. Geschah dieses in der Mitte der Stadt; so kann man sich leicht denken, wie leicht es in abgelegenen Gegenden möglich war, wo die schlafenden Soldaten in der Nacht überfallen, und meistens mit dem Tapor – Handbeile – erschlagen wurden, wie man an den gespaltenen Köpfen der Leichen sehen konnte, die später aus der Stadt gebracht, u. auf Verordnung der russischen Polizey Haufenweise verbrannt wurden, um die Stadt von dem verpesteten Gestank zu reinigen. Die in Moskau zurück gebliebenen Einwohner hatten sich allmählig, an diesen üblen Geruch, von crepirten Pferden, Hunden, verwesenden Menschen, und von den verbrannten empirevmathischen Dingen gewöhnet; aber als ich im November desselben Jahres aus Petersburg nach Moskau zurückkehrte, spürete ich dieses ekelhaften Geruch schon viele Werste von Moskau, welcher immer stärker ward, je näher ich der Stadt, und in die Stadt kam.
Allmählig kamen einzelne Haufen bewafneter Kosaken in die Stadt, plänkelten mit den Chasseurs in entlegenen Straßen, die mit ihren ausgehungerten Pferden, sie nicht verfolgen, und einholen konnten. Die Kosaken wurden immer dreister, wagten sich tiefer in die Stadt hinein, griffen sogar einzelne Wachtposten an, und wenn die Schildwache die Mannschaft heraus rief, sprengten die Kosaken auseinander, bevor die Soldaten noch zum Schusse kommen konnten. So kamen sie einst bis zum Marienhospitale, u. verwundeten den französischen Offizier und einige Soldaten, die sorglos vor der Wachtstube standen; hielten auch noch Stand, als die nicht zahlreiche Mannschaft auf sie zu schießen anfing, und zogen erst dann ab, als von mehreren angränzenden Wachtposten, Succurs herbey eilte. Bey dieser Gelegenheit ward ein Bekannter von mir, der Hospital-Arzt Wette schwer im Schenkel, und zwar von den Franzosen verwundet. Wette eilte, als er schießen hörte, aus seiner Wohnung, die am andern [sic] des Hospitals, der Wachtstube gegenüber lag, auf den Hof hinaus, um den Grund dieses Schiessens zu erfahren. Unglücklicherweise für ihn, hatte der Kosak, welcher den französischen Offizier verwundete, eine gelbe Genille an; und da Wette in einer eben solchen an der Thüre erschien, glaubten die französischen Soldaten in ihm den Kosaken zu erkennen, der ihren Offizier verwundet hatte, und Mehrere feuerten ihre Gewehre auf Wette zugleich ab, welcher aber nur im Schenkel getroffen ward, und zur Erde sank. Er ließ mich zu sich bitten, und ich hatte dadurch wieder einen neuen Pflichtgang; auf welchen mich Gottes Gnade gleichfalls schützte, obgleich das Hospital sehr weit von der Schmiedebrücke lag, und ich durch öde Gegenden ging, wo ich oft Werste weit keine lebendige Seele fand, und höchstens nur Soldatenhaufen, die mich mit durchbohrenden Blicken ansahen, aber doch keine Hand an mich legten, so daß ich Gottlob jedesmal unversehret, hin und nach Hause kam. Plötzlich erscholl der Ruf: Wir haben Friede: Der Jubel war allgemein. Alles umarmte sich, als wäre es Ostermorgen. Statt des gewöhnlichen bon jours, begrüßten und küssten sich Bekannte und Unbekannte mit den Worten: Wir haben Friede. Alte Guardisten drückten fremden Vorübergehenden, ihre großen Bärte ins Gesicht, und küßten auch russische Bauern, mit dem Friedensgruß – die aber durch solche Umarmungen mehr Angst als Freude empfanden, weshalb ihr Benehmen oft sehr lächerlich anzusehen war. Die Franzosen hatten den Aufenthalt in dem abgebrannten Moskau herzlich satt, und sehnten sich herzlich aus dieser Wüste, nach den Fleischtöpfen Aegyptens zurück; und daher die allgemeine Freude.
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