und drei Nächte will ich verwachen dran,
Bis ich mich ersättige an meinem lieben Mann.
Vielleicht daß Gott gebietet, daß mich auch nimmt
der Tod:
So wäre wohl beendet der armen Kriemhilde Noth."
1089 Zur Herberge giengen die Leute von der Stadt.
Die Pfaffen und die Mönche sie zu verweilen bat
Und all sein Ingesinde, das sein billig pflag.
Sie hatten üble Nächte und gar mühselgen Tag.
1090 Ohne Trank und Speise verblieb da mancher Mann.
Wers nicht gern entbehrte, dem ward kund gethan,
Man gab ihm gern die Fülle: das schuf Herr Siegmund.
Da ward den Nibelungen viel Noth und Beschwerde
kund.
1091 In diesen dreien Tagen, so hörten wir sagen,
Muste mit Kriemhilden viel Mühsal ertragen,
Wer da singen konnte. Was man auch Opfer trug!
Die eben arm gewesen, die wurden nun reich genug.
1092 Was man fand der Armen, die es nicht mochten haben,
Die ließ sie mit dem Golde bringen Opfergaben
Aus seiner eignen Kammer: er durfte nicht mehr leben,
Da ward um seine Seele manches Tausend Mark gegeben.
1093 Güter und Gefälle vertheilte sie im Land,
So viel man der Klöster und guter Leute fand.
Silber gab man und Gewand den Armen auch genug.
Sie ließ es wohl erkennen, wie holde Liebe sie ihm trug.
1094 An dem dritten Morgen zur rechten Messezeit
Sah man bei dem Münster den ganzen Kirchhof weit
Von der Landleute Weinen also voll:
Sie dienten ihm im Tode, wie man lieben Freunden soll.
1095 In diesen vier Tagen, so hört ich immerdar,
Wol an dreißigtausend Mark oder mehr noch gar
Ward um seine Seele den Armen hingegeben,
Indes war gar zerronnen seine große Schöne wie sein
Leben.
1096 Als vom Gottesdienste verhallt war der Gesang,
Mit ungefügem Leide des Volkes Menge rang.
Man ließ ihn aus dem Münster zu dem Grabe tragen.
Da hörte man auch anders nichts als Weinen und Klagen.
1097 Das Volk mit lautem Wehruf schloß im Zug sich an:
Froh war da Niemand, weder Weib noch Mann.
Eh er bestattet wurde, las und sang man da:
Hei! was man guter Pfaffen bei seiner Bestattung sah!
1098 Bevor da zu dem Grabe kam das getreue Weib,
Rang sie mit solchem Jammer um Siegfriedens Leib,
Daß man sie mit Wasser vom Brunnen oft begoß:
Ihres Herzens Kummer war über die Maßen groß.
1099 Es war ein großes Wunder, daß sie zu Kräften kam.
Es halfen ihr mit Klagen viel Frauen lobesam.
"Ihr, meines Siegfrieds Mannen," sprach die Königin,
"Erweist mir eine Gnade aus erbarmendem Sinn.
1100 "Laßt mir nach meinem Leide die kleinste Gunst
geschehn",
Daß ich sein schönes Angesicht noch einmal dürfe
sehn,"
Da bat sie im Jammer so lang und so stark,
Daß man zerbrechen muste den schön geschmiedeten
Sarg.
1101 Hin brachte man die Königin, wo sie ihn liegen fand.
Sein schönes Haupt erhob sie mit ihrer weißen Hand
Und küsste so den Todten, den edeln Ritter gut:
Ihre lichten Augen vor Leide weinten sie Blut.
1102 Ein jammervolles Scheiden sah man da geschehn.
Man trug sie von dannen, sie vermochte nicht zu gehn.
Da lag ohne Sinne das herrliche Weib:
Vor Leid wollt ersterben ihr viel wonniglicher Leib.
1103 Als der edle Degen also begraben war,
Sah man in großem Leide die Helden immerdar,
Die ihn begleitet hatten aus Nibelungenland:
Fröhlich gar selten man da Siegmunden fand.
1104 Wohl Mancher war darunter, der drei Tage lang
Vor dem großen Leide weder aß noch trank;
Da konnten sie’s nicht länger dem Leib entziehen mehr:
Sie genasen von den Schmerzen, wie noch Mancher
wohl seither.
1105 Kriemhild der Sinne ledig in Ohnmächten lag
Den Tag und den Abend bis an den andern Tag.
Was Jemand sprechen mochte, es ward ihr gar nicht
kund.
Es lag in gleichen Nöthen auch der König Siegmund.
1106 Kaum daß ihn zur Besinnung zu bringen noch gelang.
Seine Kräfte waren von starkem Leide krank:
Das war wohl kein Wunder. Die in seiner Pflicht
Sprachen: "Laßt uns heimziehn: es duldet uns hier
länger nicht."
Abenteuer 18
Wie Siegmund heimkehrte und Kriemhild daheim blieb
1107 Der Schwäher Kriemhildens gieng hin, wo er sie fand.
Er sprach zu der Königin: "Laßt uns in unser Land:
Wir sind unliebe Gäste, wähn ich, hier am Rhein.
Kriemhild, liebe Fraue, nun folgt uns zu dem Lande
mein.
1108 "Daß man in diesen Landen uns so verwaiset hat
Eures edeln Mannes durch böslichen Verrath,
Ihr sollt es nicht entgelten: hold will ich euch sein
Aus Liebe meines Sohnes und des edeln Kindes sein.
1109 "Ihr sollt auch, Frau, gebieten mit all der Gewalt,
Die Siegfried euch verstattete, der Degen wohlgestalt.
Das Land und auch die Krone soll euch zu Diensten
stehn.
Euch sollen gern gehorchen Die in Siegfriedens Lehn."
1110 Da sagte man den Knechten: "Wir reiten heim
vor Nacht."
Da sah man nach den