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Читем онлайн Исторические происшествия в Москве 1812 года во время присутствия в сем городе неприятеля - Иоганн-Амвросий Розенштраух

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Etwa um halb zwey Uhr Nachmittags, sprengten drey russische Cavalerie-Offiziere, von verschiedener Waffengattung, im gestrecktesten Gallop, von der Twerskoystraße kommend, vor unsern Fenstern vorbey, die aber kaum einige Minuten nacher, eilig zurückflohen; und als Hr. Czermack und ich uns vor die Hausthür wagten, um ihnen nachzusehen, hörten wir sehr deutlich den Schall französischer Trommeln, deren Ton ihm aus Wien, und mir vom Rheine her bekannt war, doch zweifelten wir noch, ob dem so sey? als wir links Grenadiere zu Pferde, von eben daher langsam einziehen sahen, wohin die ersten 3 Offiziere eileten, und bald zurück kehrten; und fast in demselben Augenblicke höreten wir auch von der Seite der Twerskoystraße einen französischen Marsch von Blasinstrumenten gespielt. So voll unsere Gasse bis dahin, von bewaffneten Einwohnern war, so leer ward sie im Nu. Alles warf die Waffen von sich, oder eilte mit denselben ins Haus, so daß in der ganzen Gasse, nur Hr. Czermack und ich allein dastanden.

Bey dem gänzlichen Mangel aller Nachrichten vom Kriegsschauplatze, bey den öftern Siegeskunden über die Feinde, konnte wohl schwerlich jemand nur ahnen, Napoleon in Moskau zu sehen; am allerwenigsten aber, daß dieses so bald geschehen würde, da man ihn und seine Armee sich noch an der russischen Gränze dachte. Wie Hr. Cz. und ich so an unserer Hausthüre standen, und keiner wagte, dem Andern mitzutheilen, daß er den Einzug der Franzosen, für gewiß hielt; mußten wir beyde, auf ein Geräusch in der Luft, aufmerksam werden, welches uns aus unserm Nachdenken aufweckte. Wir blickten in die Höhe, und sahen eine ungewöhnlich fast Baumähnliche Raquette, zu den Wolken dringend. Unwillkürlich entfuhren mir die Worte: „Das ist Groß“! Und erst als ich diese Worte gesprochen hatte, ward es mir in der Seele klar, was ich damit sagen wollte. Herr Czermack deutete meinen Ausruf, auf die Größe der Raquette, und sagte: Ja, eine so große Raquette habe ich selbst in Wien, bei den schönsten Feuerwerken nie gesehen. Ich erwiederte: Nein, das meyne ich nicht, ich finde die Idee groß: daß Moskau verbrannt werden soll. Ich betheure es bey Gott, daß ich diesen Gedanken nie nur entfernt gedacht habe, und wenn ich mir ja die Möglichkeit vorstellte, daß die Franzosen bis nach Moskau kommen könnten – obwohl ich mich auch dessen kaum erinnere, und gewiß meinem vertrautesten Freunde nicht mitgetheilt haben würde; so konnte ich mir im schlimmsten Falle dennoch höchstens eine große Contribution vorstellen, aber weder Brand, noch Plünderung denken, sondern alles so, wie es bei ihrem Einzuge in andre Residenzen geschehen war. Daher ist es mir noch bis zum heutigen Tage unbegreiflich warum der Anblick dieser Raquette – welche allerdings ein Signal seyn mußte, das weithin gesehen werden sollte – in mir den nie gehabten Gedanken hervorbrachte, und mir in diesen Augenblick sogleich alle guten Folgen vorschwebeten, die für Rußland aus dem Brande Moskaus entstehen werden. Nach 23 Jahren, in welcher Zeit ich mich vielfach geprüfet, mehreremal mein Gedächtnis, gleichsam auf die Folter gespannt habe, um irgend etwas aufzufinden, wodurch ich meinen damaligen Ausruf, und alles was sich plötzlich, aber sehr lebhaft, bey diesem Gedanken mir aufdrängete, und meiner Seele vorschwebete, in einem Zusammenhange mit dem Anblick der Raquette zu bringen, aber immer vergeblich, und ich muß die Lösung dieses Räthsels, auf die Zeit meines Eingangs in die Ewigkeit, verschieben. Nun füllte sich unsere kleine Straße mit französischen Infanteristen, welche sehr höflich naheten, und um etwas Brodt baten, welches sie nach ihrer Aussage seit 3 Tagen, nicht gesehen, noch weniger genossen hatten. Madame Czermack, welche gut französisch sprach, und auch in Wien in Häusern wohnte, welche Franzosen in ihrer Wohnung aufnehmen mußten, lud die Soldaten, die uns umgaben, ein, näher ins Haus zu kommen, und es traten acht Personen ein, so wie die übrigen sich in andere Häuser vertheileten. Jetzt zeigten sich die in unserer Gasse wohnenden Huren, und thaten mit diesen fremden Gästen so vertraut, als ob sie mit ihnen von jeher befreundet gewesen wären, obgleich sie mit ihnen nicht sprechen konnten. Die ganze Gasse war plötzlich so belebt, daß es schien, als ob es immer so gewesen wäre. Alles dieses geschah in minder als einer Stunde. Jetzt erscholl auf einmal der Ruf: Feuer, Feuer, welches man auch alsbald sehen konnte. Es kletterten mehrere auf hohe Häuser, und sagten, daß es in der Fischstraße brenne. Da diese ziemlich weit von unserer Gasse war, so nahmen wir, Hr. Cz. und ich weiter keinen Theil daran, und bewirtheten unsere Soldaten mit allem was wir hatten; in der Meynung, am andern Tage, wieder neue Vorräthe kaufen zu können; denn wir dachten „Wenn auch 100000 Mann in Moskau eingezogen wären, doch Alle in Moskau unterkommen, und satt werden könnten, da wir allein in unserm Häusgen deren 8 gespeiset hatten[“]. Wir irreten uns aber; denn kaum hatten uns die 8 Soldaten zufrieden und dankend verlassen, als wieder Andre, und wieder Andre kamen, und dasselbe foderten. So lange es jedoch noch Tag war, ging es erträglich; denn zwey Offiziere, und ein Unteroffizier, waren in dieser Zeit zu uns ins Zimmer gekommen, und jedesmal befragten sie die anwesenden Soldaten: Ob sie sich auch dem Befehle des Kaisers N. gemäß gut und bescheiden betragen? Uns aber foderten sie auf, daß wir bey der mindesten Unzufriedenheit, sogleich in der ganz in der Nähe, auf der Twerskoy befindlichen Wachtstube Hülfe suchen sollten, damit die Unartigen – dieses war der bezeichnende Ausdruck – exemplarisch bestraft werden könnten. Unsere letzten Vorräthe, waren bis 10 Uhr des Abends völlig erschöpft, und in dem Maasse, mehrten sich nun Eindringende, die schon nicht mehr Bittende, sondern gebieterisch fodernde Soldaten waren. Wir gaben ihnen Geld, und suchten ihnen begreiflich zu machen, daß es nicht an unserm guten Willen, sondern an dem Mangel aller Vorräthe liege, die wir in der Nacht auf keine Weise ergänzen konnten. Wir stellten ihnen vor, daß wir seit 8 Stunden so Viele gespeiset hatten, und sie leicht einsehen könnten, daß in einem so kleinen Häusgen keine große Vorräthe seyn konnten. Es ging hart her, doch droheten sie nur uns zu mißhandeln, ohne einen von uns persönlich anzurühren. Die letzten 4 Soldaten nahmen Geld, und Sachen die ihnen gefielen; schwuren aber, uns umzubringen, wenn sie nicht zum Frühstück Ommlets, und Schinken erhielten. Wir versprachen ihnen dieses auf das Gewisseste, in der Meynung, mit Tagesanbruch das Benöthigte kaufen zu können. Gegen Morgen, als es noch dämmerte, ward Generalmarsch geschlagen, und unsere Gäste, die uns nun verlassen mußten, fluchten und schwuren, das keiner von uns am Leben bleiben sollte, wenn nicht bey ihrer Rückkunft der Tisch gedeckt, und alles von ihnen Verlangte im Ueberfluß vorhanden seyn würde. Wir hatten die ganze Nacht keinen Augenblick ruhen können, viel Angst, und Mühe gehabt, besonders ich, der ich in zwey russischen Familien, deren Eine über uns, und die Zweyte im anstoßenden Hause wohnte, der Mißhandlung und der Plünderung mit Gottes Beystand steuern konnte, und einen russischen Protopop, der sich in unser Zimmer geflüchtet hatte, und den die bey uns seyenden Soldaten auf alle Weise zu kränken suchten, zu schützen vermochte; wozu ich nächst dem Vertrauen auf Gottes Beystand, durch die Mahnungen jener Offiziere, welche uns sagten, daß wir in der Hauptwache Hülfe gegen Mißhandlungen finden würden; war so muthig geworden, nichts zu fürchten, weil ich meynte, ich dürfte nur nach der Twerskoy eilen, um sogleich Hülfe zu finden. Ich brachte den alten Protopop endlich zur Ruhe, sobald die Soldaten uns verlassen hatten, und schlug Hr. und Mad. Czermack vor, Thüren u. Fenster zu öffnen, um die Zimmer von der üblen Luft zu reinigen, die sich in dieser Nacht durch die vielen, vom Marsch kommenden Soldaten gesammelt hatte; Wir traten vor die Hausthüre und hatten noch nicht lange da gestanden, als eine starke Kavallerie Kolonne mit einem Staabsoffizier an der Spitze vorüberzog. Madame Czermack redete den Anführer an, klagte, daß wir diese Nacht über so viel hätten leiden müssen, da wir doch gestern eine dreymalige Versicherung hörten, daß es nicht des Kaisers Napoleons Wille sey, daß die Einwohner mißhandelt werden sollen, und den Uebertretern, mit harter Strafe gedrohet ward. Mit einem sehr freundlichen Gesicht, u. mit französischer Höflichkeit, rief ihr der Staabsoffizier zu: Madame, es sind gestern 80000 französische Kinder in diese Stadt eingezogen, und da werden Sie leicht einsehen, daß unter so Vielen, sich auch unartige Kinder befinden müssen. Trösten Sie sich, das bringet der Krieg so mit sich. Er warf ihr noch eine Kußhand zu und ritt vorüber. Nun blickten wir auf die ihm folgenden Reiter, welche bis zum Kopfe, mit allerley Sachen, Kleider, Bündel, Decken, Teppiche, etc. gleichsam eingepackt waren; und wir konnten daraus schließen, daß es in den Häusern, wo diese französische Kinder übernachtet hatten, noch viel ärger, als bey uns zugegangen seyn müsse. Dieses bewies uns die Nothwendigkeit desto ämsiger, für das Frühstück besorgt zu seyn, welches die uns verlassenen Soldaten unter so viele schreckliche Drohungen bestellet hatten. Darum schickten wir aus, Speisen zu kaufen, konnten aber nirgend etwas selbst für zehnfache Bezahlung erhalten. Dieses machte uns nicht wenig Kummer, welcher dadurch auf das höchste stieg, als derselbe Herr Knauf, der uns am Sonntage in seinem Hause nicht aufnehmen wollte, fast nackend mit seiner Frau zu uns kamen, und baten, wir möchten ihnen erlauben, nur einen Augenblick bey uns eintreten zu dürfen, da sie in der verflossenen Nacht, rein ausgeplündert worden, wozu ihre Fabrique arbeiter das Meiste dazu beygetragen hatten. Sie hatten ihr ganzes ansehnliches Vermögen verloren, und waren mit einigen nur alten Lumpen umhüllet. Hr. und Madame Czermack nahmen sie mitleidsvoll und sehr freundlich auf, und geleiteten sie ins Zimmer. Ich blieb noch draussen, um über die gnadenreiche Fügung Gottes nachzudenken, welche Knaufs Herz so verhärtet hatte, unsern Bitten zu widerstehen, ohnerachtet er früher mit Hr. Czermack befreundet, und auch mit mir bekannt war. Wie ich so da stand, trat ein wohlgekleideter französischer Proviantcommissair zu mir, und bat mich, ihm ein Hemd zu verschaffen, weil er von Ungeziefer hart geplagt wäre. Ich sagte ihm, daß ich hier nicht wohne, dem Wirthe des Hauses fast alle seine Hemden abgenommen wären; daß ich aber erst Sonntag Morgen zwey weiße Hemden angezogen hatte, von denen ich ihm das Obere, Beste gern geben wollte; wenn es ihm keinen Ekel verursachte, daß ich es schon zwey Tage getragen habe. Er dankte mir, und da ich ihn einlud ins Zimmer zu treten, bat er mich, mit ihm in das offenstehende Appartement auf dem Hofe zu gehen, und ihm dort mein Hemde zu geben. Ich that dieses, und wartete auf ihn, um ihn nachher ins Zimmer geleiten zu können. Als er zu mir kam, dankte er mir mit einer Umarmung, und wollte mir eine russische Banknote von 100 Rubel geben, mit der Versicherung, daß dieses noch zu wenig sey für das Vergnügen, welches er empfände, sein altes Hemd in den Abtritt werfen und ein reines auf seinem Leibe anziehen zu können. Ich nahm durchaus das Geld nicht an, und bezeugte ihm meine Freude, ihm mit etwas dienen zu können, was mir die verflossene Nacht, unter Mißhandlungen, mit Gewalt hätte abgenommen werden, und auch mein Leben zu gefährden vermocht hätte. Nun trat er ins Zimmer und da er hörte daß wir alle Deutsch sprachen, sagte er: Ich bin auch ein Deutscher. Vermuthlich mußte er mich für einen Russen gehalten haben; weil er mit mir französisch sprach; denn an meinem Sprechen konnte er wohl merken, daß ich mit dem Französischen sehr wenig bekannt war. Unsere Angst stieg mit jedem Augenblick, in dem wir unsere fluchenden Soldaten erwarten konnten; und da dieses der Commissair bemerkte, fragte er nach der Ursache unserer Aengstlichkeit. Es ward ihm mitgetheilt; daß wir die Rückkunft der Soldaten fürchteten; worauf er Kreide foderte, und hinausging, ohne daß wir wußten was er dort gethan hatte. Kurz darauf kamen dann auch die Soldaten, und als sie bey ihrem Eintritt den Tisch noch nicht gedeckt fanden, fluchten sie fürchterlich, und es würde uns gewiß übel gegangen seyn, wenn Gott nicht diesen Obercommissair – dessen Namen ich leider vergessen habe – für uns zu einem Engel der Rettung herbeygeführet hätte. Die Soldaten bemerkten ihn bey ihrem Eintritt nicht, da ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Tisch gerichtet war. Nun erhob er sich, und fragte in einem sehr strengen Ton, von welchem Regiment sie wären? – da sie Feldmäntel anhatten – auf die Erwiederung: Was dieses ihm anginge? antwortete er: Damit ich euch belangen kann, daß ihr es wagt, auf so unverschämte Weise, in mein Quartier einzudringen. Nun fragte er sie „ob sie nicht an der Thüre gelesen hätten, daß dieses das Quartier des Obercommissairs NN sey?[“] So grob die Soldaten früher waren, so höflich bewiesen sie sich jetzt gegen den Commissair, sie baten um Verzeihung, entschuldigten sich mit ihrer Unwissenheit, und verließen uns mit wüthenden Blicken, über die getäuschte Erwartung, ihre leere Magen füllen zu können. Kinderchens, sprach der Commissair, ich bleibe bey Euch; denn es stehen Euch noch größere Gefahren bevor; und dieser gute Mann, ward Augenscheinlich noch in der darauf folgenden Nacht – durch Gottes Fügung – der Retter der Czermackischen, und noch einer russischen, in demselben Hause, wohnenden Familie, wie ich später erzählen werde.

Nicht lange nachher, stand ich in der Küche am offenen Fenster, und sah einen Obristen vorübergehen, der mehrere Leute auf der Straße fragte: Ob sie ihm nicht ein gutes Quartier in der Nähe des Kremmels anweisen könnten? Er ward aber von niemanden verstanden, obgleich er wechselsweise, bald französisch, bald deutsch fragte. Schon war er vorüber, als mir einfiel, daß sich das Haus an der Schmiedebrücke dazu eignen würde, welches ich bis jetzt bewohnet hatte, welches dem reichen Demidow, in Petersburg gehörete, und eben so geräumig, als gut meubliret war. Sogleich eilte ich ihm nach, holete ihn noch in derselben Straße ein, und erbot mich, ihm ein Quartier nachweisen zu können, wie er es wünschte. Er dankte mir, und wir gingen mit einander der Schmiedebrücke zu. Da aber der Weg dahin sich in die Länge zog, verlor er die Geduld, wollte mich mehreremale verlassen, indem ich ihn nach seiner Meynung immer weiter vom Kreml abführte, in dessen Nähe er wohnen wollte. Es kostete mich Mühe ihn begreiflich zu machen, daß diese vermeintliche Entfernung nur eine Folge, von den Krümmungen der Straßen herrührete, aber dennoch das Haus welches ich ihm zeigen würde, von der Hinterseite, durch eine bequeme Pforte, ganz nahe zum Kreml führete. Noch auf der Schmiedebrücke wollte er zurückkehren, wovon ich ihn nur dadurch abzuhalten vermochte, daß ich eine solche Versicherung, wie ich sie ihm mehreremale gegeben hatte, nicht wagen würde, wenn ich meiner Sache nicht gewiß wäre, da er sich ja auf den ersten Blick selbst überzeugen könnte, ob ich ihn irre geführt habe? Ich fand bey unserer Ankunft auf der Schmiedebrücke, alles Menschenleer, aber die Häuser unversehrt. Ich zeigte dem Obristen das Haus schon in der Ferne, welches ihm zwar dem äussern nach gefiel, aber dennoch nach seiner Meynung zu entfernt vom Kreml läge. Die Pforte des Dimidowschen Hauses, war nicht wie alle übrigen (an denen wir vorübergingen) verschlossen, sondern nur angelehnt, so daß wir in den Hof gehen konnten. Mein erster Blick fiel auf sieben Bauren, welche mit arme Sünder Mienen kniend auf den Boden lagen – unter denen ich mehrere Dwornicks erkannte – und umringt von vielen französischen Soldaten, von denen Einige ihre Gewehre im Anschlag hielten, sie zu erschießen. Sogleich bat ich den Obristen auf das Flehentlichste, der Sache Einhalt zu thun. Nun fragte er die Soldaten, warum sie diese Leute erschießen wollten? und erhielt zur Antwort: Sie wären im anstoßenden Hofe gewesen, und als einige aus Neugierde über die Mauer sahen, hätten diese Leute auf sie geschossen. Jetzt gab ihnen der Obrist recht, und befahl die Leute zu erschießen. Ich verdoppelte meine Bitten, so viel ich nur vermochte, und ersuchte den Obristen flehentlich, mir zu erlauben, daß auch ich die Leute befragen dürfte, warum sie so unsinnig gehandelt haben? Ganz treuherzig erzählten sie mir, daß Grigori Iwanitsch, der Oberuprawitel – den die Leute mehr wie Demidow fürchteten – ihnen die Bewachung des Hauses anbefohlen, und ihnen gesagt habe, sie möchten jeden, der hineindringen wollte, sogleich erschiessen, wozu er ihnen auch Flinten und Pulver gab. Aber nach dem Abzuge des Uprawitels, war das Erste was die Wächter thaten, daß sie die Vorrathskammer, und den Keller, welche reichlich gefüllt waren, erbrachen, hier fraßen und soffen sie drey Tage, und erst am vierten (Dienstage) kam einer von ihnen aus dem Keller in den Hof, grade im Augenblick als die Soldaten über des Nachbars Mauer sahen. Sogleich rief er seinen Cameraden zu, und wie sie herbey gekommen waren, legten sie ihre Gewehre auf die Fremden, ihnen unbekannten Gäste an, gaben Feuer, ohne jedoch jemanden zu beschädigen. Der Obrist lachte, dieses hielt ich für ein gutes Zeichen, meine Bitten zu erneuern, und endlich befahl er, die Leute auf die nächste Wachtstube zu bringen, damit sie ordentlich gerichtet werden könnten. Einen der ältesten Dwornicke machte ich jedoch gleich frey, weil er die Gelegenheit des Hauses, und die Schlüssel kannte, die, wie ich recht vermuthet hatte, sich in des Uprawitels Wohnung befanden. Der befreyte Dwornick erhielt Befehl nach den Schlüsseln zu suchen, welches er freudig übernahm, und ich führte vor allen Dingen den Obristen durch alle drey Höfe hindurch, hinaus auf den damaligen Aepfelmarkt, ganz nahe an der Nikolsky Pforte, nun sah er den Kreml so nahe vor sich, als wäre er nur durch eine Mauer von ihm geschieden. Meine Wohnung, ein hölzerner Flügel, dicht am steinernen Hauptgebäude befindlich, war nicht verschlossen, und ich fand noch alles genau auf derselben Stelle, wie ich es Freytag in der Nacht verlassen hatte. Der Kutscher muß also nicht mehr zurückgekommen seyn, und die Trinklust der Wächter rettete meine zurückgelassenen Haabseligkeiten. Der Obrist trat mit mir zugleich in meine Wohnung, befahl mir die verschlossenen Laden zu öffnen, und ohne noch den Dwornick mit den Schlüsseln abzuwarten, wollte er davon eilen, seine Kameraden zu suchen. Ich machte ihm bemerklich, daß ich Vogelfrey allein zurückbleibe, und leicht seine Rückkunft nicht erleben könnte; nun foderte er Kreide, und schrieb an das Hofthor, welches sowohl zum steinernen, als hölzernen Hause führte, – „Wohnung für die Adjutanten des Marschalls Bertier [“]. – Nun sind Sie sicher, sagte er, es wird kein Mensch wagen ins Haus zu kommen, oder Ihnen etwas zu leide zu thun. In demselben Augenblick aber, ritt ein Piquet Gensdarmes vorbey. Der Obrist rief den Offizier ans Fenster, nannte seinen Namen, und bat ihn zwey Mann zur Sauve Garde, bey diesem Hause stehen zu lassen, bis er und seine Cameraden Besitz davon genommen haben würden. Sogleich befahl der Offizier zween Gensdarmes, hier Posto zu fassen. Sie führten ihre Pferde in den Hof, stiegen ab, und stellten sich an der Pforte hin. Ueber eine Weile, kam einer derselben ganz krumm gebückt, und sich den Unterleib haltend, zu mir ins Zimmer, und bat mich: Ob ich ihm nicht etwas zu essen geben könnte, indem er dem Hungertode nahe sey. Ich suchte im Hause umher, und fand nichts als eine Schüssel Fizebohnen, die fast unberühret am Freytage vom Mittagessen nachgeblieben war; aber in den vier Tagen, war beynahe Handhoch Schimmel darauf gewachsen, da sie bis dahin in einem verschlossenen, und dumpfichten Küchenschranke gestanden hatte. [„]Der Hunger ist der beste Koch“ behauptet ein Sprüchwort; welches sich, mindestens diesesmal vollkommen bewährete. Der hungrige Soldat verzehrete alles was in der Schüssel vorhanden war; versicherte gesättiget zu seyn, da ich in meiner Wohnung von bereyteten Speisen nichts mehr finden konnte, da unsere zurückgelassene Leute, während meiner Abwesenheit alles verzehret hatten. Zur ihrem Lob muß ich sagen daß dieses das Einzige war was sie sich zugeeignet hatten, bevor sie sich aus dem Hause entfernten, da sie, wenn sie gewollt hätten, alles was vorhanden war, und unverschlossen in den Zimmern lag, mitnehmen konnten. Genug, es fehlte nicht das Mindeste in meiner Wohnung, wie ich sie wieder betrat. Der Gensdarms war voll Dankbarkeit, da er einsah, daß er wohl noch länger ohne Speise hätte bleiben müssen, wenn ich nicht glücklicherweise, die verschimmelten Bohnen gefunden, u. ihm geben konnte. Ich wagte es daher, ihn zu bitten, einer Person sicheres Geleit zu geben, die ich mit der Kunde von meinem Leben, zu einem meiner besten Freunde, schicken wollte, falls er dieses thun könne. Er sagte „Mein Camerad und ich, sind Sauwe Garden, und keine Schildwachen. Schon die Schrift an der Pforte würde genügen, aber, wenn nur Einer von uns Beyden hier bleibt, so ist dieses für die Sicherheit des Hauses hinlänglich.[“] Ich schrieb sogleich an Herr Czermack, lud ihn ein, mit den seinigen unter Schutz des Commissairs, oder Begleitung des Gensdarmes zu mir zu kommen, da meine Wohnung mehr Bequemlichkeit, und Sicherheit als die seinige gewähre; und wir noch den Vortheil hätten vereint seyn zu können. Im Hofe fand ich eine alte Bäuerin, welche gegen ein gutes Trinkgeld bereit war, unter diesem sichern Geleite, das von mir geschriebene Billet Hr. Cz. zu überbringen; da der Gensdarmes allein, nie die Straße und die Wohnung des Hr. Cz. aufgefunden hätte; und beyde machten sich auf den Weg. Mittlerweile kam der von mir befreyete Dwornick und sagte mir „Er habe den Hauptschlüssel zum großen steinernen Hause nicht finden können,[“] aber einen Andern, der zur obern leer stehenden Etage, des hölzernen Hauses führete brachte er, und wir konnten nun in das große Haus kommen. Wir machten sogleich den Versuch, fanden alle Zimmer offen, und konnten von Innen auch den untern Eingang öffnen. Bald darauf trafen die Adjutanten des Marschalls Bertier, die Herren Obristen Flahau, Noail, Bongard, Couteil ein. Sie fanden das Haus, groß, bequem, gut meubliret, und dankten mir, als hätte ich sie aus Gnaden aufgenommen. Daß ein solches Haus nicht leer bleiben konnte, vermochte ich mir leicht zu denken. Es kam aber darauf an, wer es in Besitz nehmen würde; und da der Obrist Noaill, welchen ich dahin führte, gut Deutsch sprach, hoffte ich, bey ihm doch mehr Einfluß gewinnen zu können als bey einem Anderen, und also auch mehr zum Schutz als zum Verderben des Demidowschen Eigenthums zu thun vermögen. Ausser den Obristen Bongard, sprachen alle übrigen Adjutanten sehr gut Deutsch. Ich ward von allen Monsier le Maitre genannt; und ward wie ein Haase gehetzet, da der Eine bald dieses, ein Andrer jenes foderte. Am meisten machten mir die Bedienten zu schaffen, deren jeder von mir verlangte, ich sollte ihm anweisen, wo er das Ausgepackte hinstellen sollte. Wohl mehr als 100mal mußte ich die Treppen hinauf, und hinab, in den Stall, Wagenremisen, allen drey Höfen, Küchen, etcr. rennen. Ich hatte selbst den ganzen Tag über nichts gegessen, und fiel um halb zwey Uhr nach Mitternacht, ohnmächtig, und angekleidet wie ich war auf ein Sopha in meinem Zimmer hin; hatte aber meiner Berechnung nach nicht lange so gelegen, als ich meinen Namen rufen, und an der Hauspforte klopfen hörte. Ich erkannte sogleich Herrn Czermacks Stimme, eilte hinaus, fand ihn, seine Frau und Kinder, seine Magd, und Bedienten, und den edlen Commissair, der ihnen Pferde vor ihren Wiener Reisewagen geschaffet, und sie hieher geleitet hatte. Schon früher hatte ich von Herrn Czermack auf mein an ihn geschriebenes Billet die Antwort erhalten: Da ihn Gott so wunderbar mit den Seinigen, in seiner bisherigen Wohnung geschützet habe, und es des Herrn Fügung war, daß ihn Knauf nicht aufnahm; er es jetzt für seine Pflicht halte, ferner in dem Hause zu bleiben, wo er sich jetzt befände, und sich ganz dem alleinigen Schutze Gottes zu übergeben. Ich gestehe, daß dieser Glaubensmuth mir Freude machte, u. mir selbst nicht wenig zur Ermunterung gereichte. Doch der Mensch denkt, und Gott lenkt. Es war die Fügung des Herrn, daß die 2½ Tage die ich in Hr. Cz. Hause seyn mußte, das Mittel werden sollten, ihm und den Seinigen viele Monate einen sichern und sorgenlosen Aufenthalt in meinem Hause zu bereiten. Nachdem diese spät angekommenen, und eine aus sechs Personen bestehender russischen Familie – die ich in der vorigen Nacht von der Plünderung gerettet hatte wie ich früher erzählt habe – bey mir eintraten, und die Sachen aus den Wagen hereingetragen waren; ermunterte der gute Commissair Hr. Cz., sobald als möglich zurück zu eilen, um noch so viel als möglich aus der verlassenen Wohnung zu retten, der sich, das immer weiter sich verbreitende Feuer, – welches am Montag Nachmittage, in der Fischgasse ausbrach – schon so sehr genahet hatte, daß Czermacks ohne Gefahr nicht dort bleiben konnten. Wie hatte aber die Vorsorge Gottes, die Hülfe auf wunderbare Weise schon früher vorbereitet. Hätte der Commissair nicht Pferde geschaffet und die Fliehenden begleitet, so hätten sie den Wagen, und ihre besten Sachen zurücklassen müssen, und sie wären auf der Straße leicht nackt ausgeplündert, und mißhandelt worden. Auf alle Fälle aber in der nachfolgenden bösesten Zeit, dachlos, und ohne Nahrungsmittel bleiben müssen. Eben so würde es mir gegangen seyn, wenn ich den Obristen Noaille, nicht gesehen, um ihn ins Demidowsche Haus bringen zu können. Nun hatten wir Alle, durch Gottes Gnade, Wohnung und Speise, Sicherheit der Personen, und mindestens die nöthigsten Bedürfnisse. Bald kehrte Hr. Cz. und der Commissair unverrichteter Sache zurück. In der kurzen Zeit, wie die Fahrt nach meiner Wohnung dauerte, hatte das Feuer schon beynah das Ende der Gasse erreicht, in deren Mitte das Haus des Geistlichen stand, bey welchem Hr. Cz. sich eingemiethet hatte, welches damals noch unversehrt war. Dieses scheinet unglaublich, und ist doch wahr. Es ist kaum möglich, sich eine Vorstellung zu machen, mit welcher Schnelligkeit ein ganzer Stadttheil in vollen Flammen stand, wie ich nachher mich selbst zu überzeugen Gelegenheit hatte, wenn ich mich des Nachts, oben in dem Thürmchen befand, welches über meinem Hause war, von wo aus man weit umher sehen konnte. In stockfinstrer Nacht, lagen die Stadttheile umher, bis plötzlich auf viele Dächer zugleich, kleine Flämmchen sichtbar wurden, u. nun dauerte es nicht lange, so glich der ganze Stadtheil, wo diese feuerigen Vorbothen sich zeigten, einem ganzen Feuermeere; denn, die ganze Zeit als es in Moskau brannte, wehete ein heftiger Wind, als ob er sich zum Verderben der Stadt verschworen hätte, die aufsteigenden Flammen wurden von dem starken Winde horizontal niedergedrückt. Er fuhr über sie hin, und so glich das Ganze mehr einem feurigem Meer, als einem gewöhnlichen Brande von Häusern. An Retten, u. löschen, war nicht mehr zu denken, obwohl Napoleon beym Beginn des Brandes, den er für zufällig hielt, die strengsten Befehle zum Löschen gab, und auch persönlich auf mehreren Brandstellen erschien. Da er aber erfuhr, daß die vorhandenen Sprützen abgeführet waren, und mehrere Stadttheile zu gleicher Zeit zu brennen anfingen, gab er das vergebliche Bemühen, dem Feuer Einhalt zu thun auf. Nur auf diese Weise war es möglich daß 4/5 oder 5/6 Theile einer so weitläuftigen Stadt wie Moskau es war vom Montage bis Sonnabend – in fünf Tagen abbrennen konnte. Unser gute Comissair, wählte sich am andern Morgen in dem einem grade überstehenden Hause, welches dem Obristen Tolbuchin gehörte, eine Wohnung, und blieb noch mehrere Wochen, unser Freund und Wohltäther. Ich bedaure es schmerzlich, seinen Namen vergessen zu haben, welches aber daher kam, daß wir ihn, von dem Augenblick an, da er sich uns als Landsmann zu erkennen gab, nur immer Herr Obercomissair, und nicht bey seinen Namen nannten. Wie die im Demidowschen Hause einquartierten Obristen am Mitwoch Morgen erwachten, ging mein Laufen und Rennen wieder an, doch hatte ich großen Beystand von Hr. u. Mad. Cz. die mir willig abnahmen, was sie verrichten konnten. Besonders kam die Sprachkunde der Mad. Czermack uns sehr zu statten, welche dolmetschen u. übersetzen konnte, wo meine wenigen Kenntnisse der französischen Sprache nicht ausreichen konnte. Mitwoch Vormittag foderten mich zwey Obristen auf, ihnen den nächsten Weg nach dem Kreml zu zeigen. Ich gehorchte und führte sie durch die sogenannte Nikolsky Worota. Als wir bey Gastinnoi Dwor, oder den Buden, ankamen, erblickte ich eines, gewiß in seiner Art, einziges Schauspiel. Tausende von Soldaten aller Waffengattung, und fast eben so viele gemeine Leute in russischer Tracht, waren bemühet, die geöffneten Buden auszuleeren, und die noch Verschlossenen, in eben der Absicht zu erbrechen. Alles ging dabey so friedlich und freundschaftlich zu, obwohl sich die beyden Nationen nicht besprechen konnten. Jeder nahm, was ihm gefiel, keiner hinderte den Andern, da genug für Alle vorhanden war. Nur sah man oft, von einem, einen früher gesammelten Bündel Waaren auf die Erde hinwerfen, sobald er in einer andern Bude etwas fand, was ihm mehr gefiel, oder er besser zu gebrauchen meynte. Das Hingeworfene, ward sogleich von Andern aufgenommen, davon getragen, oder später mit etwas besserm verwechselt. Der ganze Anblick glich einem Gabelfrühstücke, bey welchem jeder der eingeladenen Gäste, sich das wählet was seinem Gaumen am meisten behaget. In den geöffneten Buden, wo sonst eingemachte Früchte verkauft wurden, griffen die Plünderer mit schmutzigen Händen, ohne Ekel, der Reihe nach hinein, und ob ich wohl nahe an zwey Stunden herum ging, hörte ich keinen Wortwechsel, vielweniger Zank. Nur einmal sah ich, daß ein französischer Soldat, einem Russen ein Stück Tuch wegnahm, welches er nur mit großer Anstrengung vermochte, weil der Bauer es nicht lassen wollte. Als aber dennoch der Soldat das Tuch in seine Gewalt bekam, lief ihm der Bauer nach, und machte Versuche, es ihm wieder zu entreissen. Da warf ihm der Soldat einen Sack von etwa 3/4tel Arschin in die Länge, und etwas weniger breit zu, und eilte davon. Der Bauer öffnete den Sack, blickte hinein, und fing ein so gräßliches Geschrey an, von dem man nicht wußte, ob es Freude, oder Jammer bedeuten sollte, wodurch er die Augen der Umherstehenden, auf sich zog. Der Bauer schrie immer lauter, und fing endlich so schnell als möglich zu laufen an, den Sack mit beyden Händen an die Brust drückend, bis ich ihn aus dem Gesichte verlor, obgleich ich ihn aus der Ferne noch hören konnte. Vermuthlich war der Sack mit Banknoten gefüllt, deren Werth der Soldat nicht kannte, der Bauer aber auf den ersten Blick zu schätzen wußte, und daher seine sich durch Lachen und Weinen geäusserte Freude über diesen unerwarteten großen Fund. Auch der Obrist Couteil nahm einem mit Safianstiefel beladenen Soldaten ein paar Grünfarbige ab, welche dieser ihm willig überließ, und als er bald darauf einem Andern, mit Zobelfellen sah, bat er sich Eines aus, welches er zerschneiden, und als äussere Verbräm an den obern Rand der Stiefeln heften lassen wollte, weil er – wie er scherzend sagte – im kalten Rußland wäre. Sobald die Obristen in den Kreml gingen, besuchte ich das Schillingsche Haus, wo ich lange klopfen mußte, bis ich eingelassen ward. Ich fand den zurückgelassenen Comptoirdiener Settelmeyer wohlgemuth, weil noch kein Franzose ins Haus gekommen, und niemand ihn beunruhiget hatte. Eigentliche Plünderung, wie sie nachher befohlen, und 17 Tage mit aller Oeffentlichkeit gedauert hatte, fand damals im Allgemeinen noch nicht statt. Alle Excesse geschahen nur, wenn sich eben eine gute Gelegenheit dazu fand, und sie entweder heimlich verübet, oder bey Nacht vollbracht werden konnten, und so kam ich auch an diesem Tage glücklich nach Hause. Am Abend kamen die Obristen, und sagten uns, Napoleon habe kurz vor ihrer Entfernung aus dem Kreml, die Stadt verlassen, und sich nach Petrowsky begeben, weil er erfahren habe, daß in dieser Nacht, der bereits unterminirte Kreml in die Luft gesprengt werden sollte. Sie riethen uns, in ihrer Begleitung gleichfalls nach Petrowsky aufzubrechen; welches ich aber aus folgendem Grunde zu thun verweigerte. Erstens, weil ich – dem Schutze Gottes vertrauend – meine Wohnung nicht eher verlassen wollte, bis es die höchste Nothwendigkeit durchaus gebieten würde. Dann hielt ich uns – nehmlich Hr. Cz. Familie, und alle die bey mir eingekehrt waren, mit den Kindern, im freyen Felde bey Petrowsky – denn auf eine Wohnung war dort nicht zu rechnen – weniger sicher wie in der Stadt; und endlich, war es leichter, mein Haus zu verlassen, als wieder dahin zurückkehren zu können. Als aber der Obrist Couteill sah, daß mein Entschluß fest stand, so ließ er die übrigen drey Obristen (seine Kameraden) nach Petrowsky abziehen, und blieb allein bey uns, um uns zu schützen, und befielt mehrere Diener, Soldaten, und einen großen angespannten Proviantwagen zurück, um im Falle der Noth, die Kinder und Personen, die nicht gehen konnten, nach Petrowsky führen zu können. Die ganze Nacht brachten wir auf dem Hofe zu, und hatten genug zu thun, die fliegenden Feuermassen, sogleich zu löschen, die immerwährend auf unsere Dächer, und andere zündbare Dinge niederfielen, da grade einer der nächsten Stadttheile an der Schmiedebrücke, in dieser Nacht abbrante. Am andern Morgen zog Napoleon wieder in die Stadt, weil sich das Gerücht von unterminirung des Kremls nicht bestätigte, und eine deßfallsige Untersuchung bewies, daß keine Gefahr dieser Art vorhanden war. Das Feuer wüthete Tag und Nacht fort, und wie ich eben sagte „Es brannte planmäßig[“], nehmlich so daß in jeder Nacht (trotz der nunmehrigen Wachsamkeit der französischen Behörde) irgend ein Stadttheil in Asche gelegt ward; abgerechnet, wozu der immerwährende Wind seinerseits that, das Feuer weiter zu verbreiten, ohne das es einer besondern Ansteckung bedurfte.

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