class="sup">1543 Geiselher und Gernot, Gere und Ortewein,
Wie sie auch milde waren, das leuchtete wohl ein:
So reiche Gaben boten sie den Boten an,
Daß sie’s vor ihrem Herren nicht getrauten zu empfahn.
1544 Da sprach zu dem König der Bote Werbelein:
"Herr König, laßt die Gaben nur hier im Lande sein.
Wir könnens nicht verführen, weil uns der Herr verbot,
Daß wir Geschenke nähmen: auch thut es uns wenig
Noth."
1545 Da ward der Vogt vom Rheine darüber ungemuth,
Daß sie verschmähen wollten so reichen Königs Gut.
Da musten sie empfahen sein Gold und sein Gewand,
Daß sie es mit sich führten heim in König Etzels Land.
1546 Sie wollten Ute schauen vor ihrer Wiederkehr.
Die Spielleute brachte der junge Geiselher
Zu Hof vor seine Mutter; sie entbot der Königin,
Wenn man ihr Ehre biete, so bedünk es sie Gewinn.
1547 Da ließ die Königswitwe ihre Borten und ihr Gold
Vertheilen um Kriemhildens, denn der war sie hold,
Und König Etzels Willen an das Botenpaar.
Sie mochtens wohl empfahen: getreulich bot sie es dar.
1548 Urlaub genommen hatten nun von Weib und Mann
Die Boten Kriemhildens; sie fuhren froh hindann
Bis zum Schwabenlande: dahin ließ Gernot
Seine Helden sie begleiten, daß sie nirgend litten Noth.
1549 Als die von ihnen schieden, die sie sollten pflegen,
Gab ihnen Etzels Herschaft Frieden auf den Wegen,
Daß ihnen Niemand raubte ihr Ross noch ihr Gewand.
Sie ritten sehr in Eile wieder in der Heunen Land.
1550 Wo sie Freunde wusten, da machten sie es kund,
In wenig Tagen kämen die Helden von Burgund
Vom Rhein hergezogen in der Heunen Land.
Pilgerin, dem Bischof, ward auch die Märe bekannt.
1551 Als sie vor Bechlaren die Straße niederzogen,
Da ward um die Märe Rüdger nicht betrogen,
Noch Frau Gotelinde, die Markgräfin hehr.
Daß sie sie schauen sollten, des freuten beide sich sehr.
1552 Die Spielleute spornten die Rosse mächtig an.
Sie sanden König Etzeln in seiner Stadt zu Gran,
Gruß über Grüße, die man ihm her entbot,
Brachten sie dem Könige: vor Liebe ward er freudenroth.
1553 Als Kriemhild der Königin die Märe ward bekannt,
Ihre Brüder wollten kommen in ihr Land,
Da ward ihr wohl zu Muthe: sie gab den Boten Lohn
Mit reichlichen Geschenken; sie hatte Ehre davon.
1554 Sie sprach: "Nun sagt mir beide, Werbel
und Schwemmelein,
Wer will von meinen Freunden beim Hofgelage sein,
Von den höchsten, die wir luden hieher in dieses Land?
Sagt an, was sprach wohl Hagen, als ihm die Mähre
ward bekannt?"
1555 "Er kam zu ihrem Rathe an einem Morgen fruh;
Wenig gute Sprüche redet’ er dazu,
Als sie die Fahrt gelobten nach dem Heunenland:
Die hat der grimme Hagen die Todesreise genannt.
1556 "Es kommen eure Brüder, die Könge alle drei,
In herrlichem Muthe. Wer mehr mit ihnen sei,
Darüber ich des Weitern euch nicht bescheiden kann.
Es will mit ihnen reiten Volker der kühne Fiedelmann."
1557 "Des mag ich leicht entbehren," sprach die Königin,
"Daß ich auch Volkern sähe her zu Hofe ziehn;
Hagen bin ich gewogen, der ist ein Degen gut:
Daß wir ihn schauen sollen, des hab ich fröhlichen
Muth."
1558 Hin gieng die Königstochter, wo sie den König sah.
Wie ininnigliche Worte sprach Frau Kriemhild da:
"Wie gefallen euch die Mären, viel lieber Herre mein?
Wes mich je verlangte, das soll nun bald vollendet sein."
1559 "Dein Will ist meine Freude," der König sprach da so:
"Ich wär der eignen Freunde nicht so von Herzen froh,
Wenn sie kommen sollten hieher in unser Land.
Durch deiner Freunde Liebe viel meiner Sorge
verschwand."
1560 Des Königs Amtleute befahlen überall
Mit Gestühl zu schmücken Pallas und Saal
Für die lieben Gäste, die da sollten kommen.
Durch die ward bald dem König viel hoher Freude
benommen.
Abenteuer 25
Wie die Könige zu den Heunen fuhren
1561 Wie man dort gebarte, vernahmt ihr nun genug.
Wohl kamen nie gefahren in solchem stolzen Zug
So hochgemuthe Degen in eines Königs Land;
Sie hatten, was sie wollten, beides, Waffen und Gewand.
1562 Der Vogt vom Rheine kleidete aus seinem Heergeleit
Der Degen tausend sechzig, so gab man uns Bescheid,
Und neuntausend Knechte zu dem Hofgelag;
Die sie zu Hause ließen, beweinten es wohl hernach.
1563 Da trug man ihr Geräthe zu Worms übern Hof.
Wohl sprach da von Speier ein alter Bischof
Zu der schönen Ute: "Unsre Freunde wollen fahren
Zu dem Gastgebote: möge Gott sie da bewahren."
1564 Da sprach zu ihren Söhnen Ute, die Fraue gut:
"Ihr solltet hier verbleiben, Helden hochgemuth.
Geträumt hat mir heute von ängstlicher Noth,
Wie all das Gevögel in diesem Lande wäre todt."
1565 "Wer sich an Träume wendet," sprach dawider Hagen,
"Der weiß noch die rechte Kunde nicht zu sagen,
Wie es mög am Besten um seine Ehre stehn:
Es mag mein Herr nur immer mit Urlaub