1881 "Wozu der Rede weiter?" sprach er, "es ist genug:
Ich bin halt der Hagen, der Siegfrieden schlug,
Den behenden Degen: wie schwer er das entgalt,
Daß die Frau Kriemhild die schöne Brunhilde schalt!
1882 "Es wird auch nicht geläugnet, reiche Königin,
Daß ich an all dem Schaden, dem schlimmen,
schuldig bin.
Nun räch es, wer da wolle, Weib oder Mann.
Ich müst es wahrlich lügen, ich hab euch viel
zu Leid gethan."
1883 Sie sprach: "Da hört ihr, Recken, wie er die Schuld
gesteht
An all meinem Leide: wie’s ihm deshalb ergeht,
Darnach will ich nicht fragen, ihr Etzeln unterthan."
Die übermüthgen Degen blickten all einander an.
1884 Wär da der Streit erhoben, so hätte man gesehn,
Wie man den zwei Gesellen müß Ehre zugestehn:
Das hatten sie in Stürmen oftmals dargethan.
Was jene sich vermeßen, das gieng aus Furcht
nun nicht an.
1885 Da sprach der Recken Einer: "Was seht ihr mich an?
Was ich zuvor gelobte, das wird nun nicht gethan.
Um Niemands Gabe laß ich Leben gern und Leib.
Uns will hier verleiten dem König Etzel sein Weib."
1886 Da sprach ein Andrer wieder: "So steht auch
mir der Muth.
Wer mir Thürme gäbe von rothem Golde gut,
Diesen Fiedelspieler wollt ich nicht bestehn
Der schnellen Blicke wegen, die ich hab an ihm ersehn.
1887 "Auch kenn ich diesen Hagen von seiner Jugendzeit:
Drum weiß ich von dem Recken selber wohl Bescheid.
In zweiundzwanzig Stürmen hab ich ihn gesehn;
Da ist mancher Frauen Herzeleid von ihm geschehn.
1888 "Er und Der von Spanien traten manchen Pfad,
Da sie hier bei Etzeln thaten manche That
Dem König zu Liebe. Das ist oft geschehn:
Drum mag man Hagen billig große Ehre zugestehn.
1889 "Damals war der Recke an Jahren noch ein Kind,
Da waren schon die Knaben wie jetzt kaum Greise sind.
Nun kam er zu Sinnen und ist ein grimmer Mann;
Auch trägt er Balmungen, den er übel gewann."
1890 Damit wars entschieden, Niemand suchte Streit.
Das war der Königstochter im Herzen bitter leid.
Die Helden giengen wieder; wohl scheuten sie den Tod
Von den Helden beiden: das that ihnen wahrlich Noth.
1891 Wie oft man verzagend Manches unterläßt,
Wo der Freund beim Freunde treulich steht und fest!
Und hat er kluge Sinne, daß er nicht also thut,
Vor Schaden nimmt sich Mancher durch Besonnenheit
in Hut.
1892 Da sprach der kühne Volker: "Da wir nun selber sahn,
Daß wir hie Feinde finden, wie man uns kund gethan,
So laß uns zu den Königen hin zu Hofe gehn,
So darf unsre Herren mit Kampfe Niemand bestehn."
1893 "Gut, ich will euch folgen," sprach Hagen entgegen.
Da giengen hin die Beiden, wo sie die zieren Degen
Noch harrend des Empfanges auf dem Hofe sahn.
Volker der kühne hub da laut zu reden an.
1894 Er sprach zu seinen Herren: "Wie lange wollt ihr stehn
Und euch drängen laßen? ihr sollt zu Hofe gehn
Und von dem König hören, wie der gesonnen sei."
Da sah man sich gesellen der kühnen Helden je zwei.
1895 Dietrich von Berne nahm da an die Hand
Gunther den reichen von Burgundenland;
Irnfried nahm Gernoten, diesen kühnen Mann;
Da gieng mit seinem Schwäher Geiselher zu Hof heran.
1896 Wie bei diesem Zuge gesellt war Jeglicher,
Volker und Hagen, die schieden sich nicht mehr
Als noch in Einem Kampfe bis an ihren Tod.
Das musten bald beweinen edle Fraun in großer Noth.
1897 Da sah man mit den Königen hin zu Hofe ziehn
Ihres edeln Ingesindes tausend Degen kühn;
Darüber sechzig Recken waren mitgekommen:
Die hatt aus seinem Lande der kühne Hagen genommen.
1898 Hawart und Iring, zwei Degen auserkannt,
Die giengen mit den Königen zu Hofe Hand in Hand;
Dankwart und Wolfhart, ein theuerlicher Degen,
Die sah man großer Hofzucht vor den übrigen pflegen.
1899 Als der Vogt vom Rheine in den Pallas gieng,
Etzel der reiche das länger nicht verhieng:
Er sprang von seinem Sitze, als er ihn kommen sah.
Ein Gruß, ein so recht schöner, nie mehr von Köngen
geschah.
1900 "Willkommen mir, Herr Gunther und auch Herr
Gernot
Und euer Bruder Geiselher, die ich hieher entbot
Mit Gruß und treuem Dienste von Worms überrhein,
Und eure Degen alle sollen mir willkommen sein.
1901 "Laßt euch auch Willkommen, ihr beiden Recken, sagen,
Volker der kühne und dazu Herr Hagen,
Mir und meiner Frauen hier in diesem Land:
Sie hat euch manche Botschaft hin zum Rheine
gesandt."
1902 Da sprach von Tronje Hagen: "Das haben wir
vernommen.
Wär ich um meine Herren gen Heunland nicht
gekommen,
So wär ich euch zu Ehren geritten in das Land."
Da nahm der edle König die lieben Gäste bei der Hand.
1903 Und führte sie zum Sitze hin, wo er selber saß.
Da schenkte man den Gästen, fleißig that man das,
In weiten