Arme zu lieber Entgeltung kommen."
1836 Da sprach die Königstochter zu den Recken allzumal:
"Man soll keine Waffen tragen hier im Saal;
Vertraut sie mir, ihr Helden, zur Verwahrung an."
"In Treuen," sprach da Hagen, "das wird nimmer
gethan.
1837 "Ich begehre nicht der Ehre, Fürstentochter mild,
Daß ihr zur Herberge tragt meinen Schild
Und ander Streitgeräthe; ihr seid hier Königin.
So lehrte mich mein Vater, daß ich selbst ihr Hüter bin."
1838 "O Weh dieses Leides!" sprach da Kriemhild:
"Warum will mein Bruder und Hagen seinen Schild
Nicht verwahren laßen? Gewiss, sie sind gewarnt:
Und wüst ich, wer es hat gethan, der Tod der hielt’
ihn umgarnt."
1839 Im Zorn gab ihr Antwort Dietrich sogleich:
"Ich bin es, der gewarnt hat die edeln Fürsten reich
Und Hagen den kühnen, der Burgunden Mann:
Nur zu, du Braut des Teufels, du thust kein Leid mir
drum an."
1840 Da schämte sich gewaltig die edle Königin:
Sie fürchtete sich bitter vor Dietrichs Heldensinn.
Sie gieng alsdann von dannen, kein Wort mehr sprach
sie da,
Nur daß sie nach den Feinden mit geschwinden
Blicken sah.
1841 Da nahmen bei den Händen zwei der Degen sich,
Der Eine war Hagen, der Andere Dietrich.
Da sprach wohlgezogen der Degen allbereit:
"Eure Reise zu den Heunen die ist in Wahrheit mir leid,
1842 "Da die Königstochter so gesprochen hat."
Da sprach von Tronje Hagen: "Zu Allem wird schon
Rath."
So sprachen zu einander die Recken wohlgethan.
Das sah der König Etzel, der gleich zu fragen begann:
1843 "Die Märe wust ich gerne," befrug der König sich,
"Wer der Recke wäre, den dort Herr Dietrich
So freundlich hat empfangen; er trägt gar hoch den Muth:
Wie auch sein Vater heiße, er mag wohl sein ein Recke
gut."
1844 Antwort gab dem König ein Kriemhildens-Mann:
"Von Tronje ist er geboren, sein Vater hieß Aldrian;
Wie zahm er hier gebare, er ist ein grimmer Mann:
Ich laß euch das noch schauen, daß ich keine Lüge
gethan."
1845 "Wie soll ich das erkennen, daß er so grimmig ist?"
Noch hatt er nicht Kunde von mancher argen List,
Die wider ihre Freunde die Königin spann,
Daß aus dem Heunenlande ihr auch nicht Einer entrann.
1846 "Wohl kannt ich Hagen, er war mein Unterthan:
Lob und große Ehre er hier bei mir gewann.
Ich macht’ ihn zum Ritter und gab ihm mein Gold;
Weil er sich getreu erwies, war ich immer ihm hold.
1847 "Daher ist mir von Hagen Alles wohlbekannt.
Zwei edle Kinder bracht ich als Geisel in dieß Land,
Ihn und von Spanien Walther: die wuchsen hier heran.
Hagen sandt ich wieder heim; Walther mit Hildegund
entrann."
1848 So bedacht er alter Zeiten und was vordem geschehn.
Seinen Freund von Tronje hatt er hier gesehn,
Der ihm in seiner Jugend oft große Dienste bot;
Jetzt schlug er ihm im Alter viel lieber Freunde zu Tod.
Abenteuer 29
Wie Hagen und Volker vor Kriemhildens Saal saßen
1849 Da schieden auch die beiden werthen Recken sich,
Hagen von Tronje und Herr Dieterich.
Ueber die Achsel blickte Gunthers Unterthan
Nach einem Heergesellen, den er sich bald gewann.
1850 Neben Geiselheren sah er Volkern stehn,
Den kunstreichen Fiedler: den bat er mitzugehn,
Weil er wohl erkannte seinen grimmen Muth:
Er war an allen Tugenden ein Ritter kühn und auch gut.
1851 Noch ließ man die Herren auf dem Hofe stehn.
Die Beiden ganz alleine sah man von dannen gehn
Ueber den Hof hin ferne vor einen Pallas weit:
Die Auserwählten scheuten sich vor Niemandes Streit.
1852 Sie setzten vor dem Hause sich genüber einem Saal,
Der war Kriemhilden, auf eine Bank zu Thal.
An ihrem Leibe glänzte ihr herrlich Gewand;
Gar Manche, die das sahen, hätten gern sie gekannt.
1853 Wie die wilden Thiere gaffte sie da an,
Die übermüthgen Helden, mancher Heuneumann.
Da sah sie durch ein Fenster Etzels Königin:
Das betrübte wieder der schönen Kriemhilde Sinn.
1854 Sie gedacht ihres Leides; zu weinen hub sie an.
Das wunderte die Degen, die Etzeln unterthan,
Was ihr bekümmert hätte so sehr den hohen Muth?
Da sprach sie: "Das that Hagen, ihr Helden kühn
und auch gut."
1855 Sie sprachen zu der Frauen: "Wie ist das geschehn?
Wir haben euch doch eben noch wohlgemuth gesehn.
Wie kühn er auch wäre, der es euch hat gethan,
Befehlt ihr uns die Rache, den Tod müst er empfahn."
1856 "Dem wollt ich immer danken, der rächte dieses Leid:
Was er nur begehrte, ich wär dazu bereit.
"Ich fall euch zu Füßen," so sprach des Königs Weib:
"Rächt mich an Hagen: er verliere Leben und Leib."
1857 Da rüsteten die Kühnen sich, sechzig an der Zahl:
Kriemhild zu Liebe wollten sie vor den Saal
Und wollten Hagen schlagen, diesen kühnen Mann,
Dazu den Fiedelspieler; das ward einmüthig gethan.
1858 Als so gering